Drei Fragen an Dr. Anna-Lena Lorenz

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Ein Interview zum Open Research Knowledge Graph – kurz ORKG – mit Dr. Anna-Lena Lorenz. Sie ist an der TIB im Bereich Forschung und Entwicklung tätig und dort für Community Building für den ORKG zuständig. Was genau ihre Aufgabe ist, verrät sie uns in diesem Gespräch.

Porträtfoto von Dr. Anna-Lena Lorenz
Dr. Anna-Lena Lorenz // Foto: TIB/C. Bierwagen

Jedes Jahr erscheinen schätzungsweise 2,6 Millionen neue wissenschaftliche Publikationen im Bereich Technik und Naturwissenschaften. Da können Wissenschaftler:innen leicht den Überblick verlieren. Der Open Research Knowledge Graph – ein dynamischer Wissensgraph – soll da Abhilfe schaffen. Was genau ist der ORKG und wie hilft er bei der Bewältigung der Publikationsflut?

Das Problem ist, dass sich die Art, wie wir wissenschaftliche Erkenntnisse miteinander teilen, in den vergangenen Jahrhunderten kaum verändert hat. Wir schreiben Artikel darüber – eine Kommunikationsform von Menschen für Menschen, die kaum Möglichkeiten für maschinelle Unterstützung bietet.

Mit dem ORKG wollen wir das ändern, indem wir Wissen maschinenlesbar darstellen. So können Forschende dann maschinelle Unterstützung erhalten, wenn sie sich beispielsweise einen Überblick über den aktuellen Stand zu bestimmten Forschungsthemen verschaffen wollen oder konkret Ergebnisse oder Methoden vergleichen wollen. Das spart Forschenden wertvolle Zeit, die sie stattdessen im Labor, mit Umfragen oder mit ihren Simulationen verbringen können.

Community Building für den ORKG – das ist eine Ihrer Aufgaben. Was bedeutet das konkret: Wie sieht Ihr Arbeitsalltag aus, was macht Ihre Arbeit besonders?

Anfangs ging es beim ORKG vor allem darum, eine lauffähige Software zu entwickeln. Die haben wir jetzt und nun gilt es, den ORKG bei unseren Zielgruppen – Forschende, Bibliotheken, Verlage und Konferenzen – bekanntzumachen und Inhalte zu erhalten.

Dafür spreche ich gezielt Forschungscommunities aus verschiedensten Fachbereichen an. Sobald eine Community Interesse zeigt, mache ich mir ein Bild von deren Arbeitsweise und Anforderungen, die wir dann im ORKG umsetzen. Wir wollen Forschenden mit unserem System einen Mehrwert liefern und dafür ist dieser ständige Austausch wichtig.

Mein Arbeitsalltag ist so vielfältig, wie ich es mir immer gewünscht habe: Von der Betreuung unserer ORKG-Social-Media-Kanäle bis zu Diskussionen über Datenmodelle ist alles dabei. Allgemein lässt sich sagen, dass mein Alltag sehr kommunikativ ist. Es vergeht kaum ein Tag, an dem ich keinen Vortrag halte oder in ein Gespräch involviert bin, sowohl innerhalb der TIB als auch außerhalb. Diese Kombination aus Kommunikation, Wissenschaft und Data Science ist das, was meine Arbeit so spannend macht.

In diesem Jahr vergibt die TIB bereits zum dritten Mal die ORKG Curation Grants an Wissenschaftler:innen, die den ORKG in ihrem jeweiligen Fachbereich „befüllen“. Beschreiben Sie doch die Idee dahinter etwas genauer.

Eine unserer größten Herausforderungen ist es derzeit, Inhalte aus verschiedenen Disziplinen in den ORKG zu bekommen. Trotz aller technologischen Fortschritte im Bereich der künstlichen Intelligenz funktioniert das noch immer am besten durch menschliche Kuratierung.

Wir brauchen also Forschende, die die für ihre Arbeit relevanten Inhalte in den ORKG eintragen. Um diesen Prozess zu unterstützen, setzen wir mit den ORKG Curation Grants finanzielle Anreize. Ein halbes Jahr lang bekommen Forschende 400 Euro im Monat, um maschinenlesbare Vergleiche wissenschaftlicher Publikationen zu erstellen. Dabei werden die Grantees von uns beraten und betreut. Wir erhalten natürlich durch diese Gespräche wertvolles Feedback zur Nutzerfreundlichkeit, das in Teilen auch bereits im System umgesetzt wurde. In den letzten beiden Jahren gab es viele positive Rückmeldungen der Teilnehmenden und auch einige Erfolgsgeschichten.